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Umstellung Eisen auf Barhuf: Einfach Eisen ab und los?

Der Grund für diesen Beitrag liegt darin, dass uns im Alltag als lizensierte Hufpflegerinnen immer wieder 2 Arten von Einstellungen über den Weg laufen. Die einen meinen: Jedes Pferd kann Barhuf laufen. Es ist ja schließlich so geboren, also brauchen wir darüber nicht weiter nachzudenken.

Das andere „Lager“ meint: Pferde können auf gar keinen Fall Barhuf laufen, sie brauchen unbedingt Eisen o.ä. als Schutz. Bei diesen Menschen scheint der Beschlag ebenso selbstverständlich zum Pferd zu gehören wie Halfter, Sattel, Trense und co.


Wir denken die Wahrheit ist etwas komplexer.


Der Huf ist eine spannende Angelegenheit. Von außen sehen wir ausschließlich die Hufkapsel, die recht einfach konzipiert zu sein scheint.

Im Inneren befinden sich allerdings eine Vielzahl von empfindlichen Strukturen, Blutgefäße, Nerven, Knorpel, ein Schleimbeutel, Sehnen, Bänder, Lederhäute usw. All diese Strukturen greifen wie Zahnräder ineinander, jedes davon erfüllt einen ganz bestimmten Zweck und jedes davon trägt - ist es in gesundem Zustand - dazu bei, dass der Huf die Funktion erfüllen kann, die Mutter Natur für ihn vorgesehen hat.

Der Huf ist für die Fortbewegung des Lauftieres Pferd unerlässlich, er ist Schutzschild gegen äußere Einflüsse (steiniger Boden, Hitze, Kälte…). Er ist auch Waffe und auf ihm lastet ein enormes Gewicht durch die Körpermasse des Pferdes. Er ist somit ein starkes, strapazierfähiges und sehr wichtiges Element des Pferdekörpers!




Das Fohlen wird Barhuf geboren. Es steht innerhalb einiger Minuten nach der Geburt bereits auf seinen Beinen und macht seine ersten Schritte. Jeder dieser Schritte beansprucht, formt und regt die Ausbildung der empfindlichen Strukturen zu Wachstum und Stärkung an. Der Huf adaptiert sich nun an die äußeren Verhältnisse und bildet sich diesen entsprechend aus. Das bedeutet, dass ein Pferd einen Huf wachsen lässt, der ideal an die Lebensverhältnisse angepasst ist, auf dem es die meiste Zeit seines Tages unterwegs ist. Somit sieht ein Huf, der auf sandigem, tiefem Boden lebt anders aus, als einer, der auf hartem, teils steinigem Untergrund zu Hause ist. In jedem Fall wird es ein extrem leistungsfähiges und robustes „Organ“, das sich im besten Fall viele, viele Kilometer am Tag fortbewegt - natürlich ohne Eisen!


Nun kommen wir Menschen und beschlagen das Pferd oft schon im Alter von 3 Jahren, wenn es zum Reitpferd ausgebildet wird: Was passiert dann mit dem Huf?


Auf das Wichtigste zusammengefasst:

1. Die Eisen bzw. die Bearbeitung vor dem Beschlag nehmen dem Huf die Möglichkeit sich seinem Untergrund entsprechend anzupassen.

2. Ein Beschlag verhindert die Möglichkeit, dass sich der hintere Teil des Hufes stark und gesund ausprägt, da er eine plane Fussung anstrebt. Ein gesunder Barhuf zeigt allerdings eine Trachtenlandung.


Dazu kommt, dass die Pferde meist aufgestallt werden und somit deutlich weniger Strecke am Tag zurücklegen, als es dem Lauftier Pferd eigentlich entspricht. Dies ist deshalb erwähnenswert, da für den Huf wie für alles andere im Körper gilt: „Use it or loose it!“ also : „Benutze es oder verliere es!“.

Und jetzt stehen wir vor der zentralen Frage: Können wir nach einer mehr oder weniger langen Periode des Beschlags einfach die Eisen abnehmen und davon ausgehen, dass das Pferd problemlos über alle Böden läuft? Schmerzfrei? Ohne Probleme?

Ganz klar nein!


Ein beschlagener Huf hatte keine Möglichkeit sich an den Untergrund anzupassen und hatte auch nicht die Chance seine inneren Strukturen bestmöglich zu entwickeln!

Die Sohle ist oft dünn (geschnitten), der Strahl nicht tragfähig.

Bei einer Eisenabnahme ist es leider also oft so, dass einem unterentwickelten, krankem Huf die Krücke weggenommen wird. Was folgt ist ein fühliges, vielleicht sogar lahmendes Pferd, zum Teil mit Pulsation der Mittelfußarterie und verstärkter Wärme im Huf, die auf eine Lederhautreizung hindeutet.

Zentral für die Umstellung von Eisen auf Barhuf sind folgende Fragen zu bedenken:

Auf welchen Bodenverhältnissen leben unsere Pferde hauptsächlich?

Wie ist der Huf und seine inneren Strukturen entwickelt?

Braucht das Pferd Unterstützung in der Umstellung auf Barhuf und wie kann diese aussehen?


Wir empfehlen daher jedem, der sein Pferd Barhuf gehen lassen möchte, sich einen Experten in diesem Bereich zu suchen, der ihn und sein Pferd auf diesem Weg unterstützt!


Und nun zurück zum Anfang: „Eisen ab und los“ ist unserer Meinung nach eine denkbar ungünstige Herangehensweise, die häufig zum Scheitern verurteilt ist und - ehrlich gesagt - oft unfair für das Pferd ist.

Eine Umstellung von Eisen auf Barhuf mit Wissen und Konzept dagegen ist eine feine Sache, die uns viel Freude und dem Pferd viele Vorteile bereiten kann!










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